Keine ganz exakten Kopien: Bernhard Schröder mit Massestücken für ein Kilogramm und ein Gramm.
Keine ganz exakten Kopien: Bernhard Schröder mit Massestücken für ein Kilogramm und ein Gramm.
Hanau

Aus dem Industriepark

Die Nachfahren des Ur-Kilos

Wie schwer ist ein Kilogramm? Und wer überprüft das eigentlich? Bernhard Schröder, Leiter des Kalibrierlabors von Evonik im Industriepark Wolfgang, ist der richtige Ansprechpartner für solche Fragen.

„Frankreich ließ 1889 einen Kilogrammprototypen fertigen, der weltweit noch heute die offizielle Referenz der Maßeinheit Kilogramm ist“, erklärt der Evonik-Kollege. Es liegt luftdicht verschlossen unter zwei Glasglocken in einem Tresor in der Nähe von Paris. Der etwa vier Zentimeter kleine Zylinder aus 90 Prozent Platin und 10 Prozent Iridium ist Vorbild für Kopien in nationalen Instituten auf der ganzen Welt.

In der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig liegen die vier deutschen Kopien. Und diese dienten wiederum als Muster für die Edelstahl-Massestücke im Hanauer Kalibrierlabor. „Auch wenn die Wissenschaft daran arbeitet: Noch gibt es keine Naturkonstante für die Maßeinheit Kilogramm“, sagt Schröder. Und so legt nach wie vor das Ur-Kilo in Paris fest, wie schwer 1000 Gramm wirklich sind.

„Mit unseren Gewichten kalibrieren wir hier am Standort die Waagen aus Produktion und Forschung“, so Schröder weiter. „Wir können dabei eine kleinstmögliche Messunsicherheit von 0,000002 Gramm darstellen.“ Genauigkeit sei beim Kalibrieren nicht die bevorzugte Vokabel. „Wir sprechen von Messunsicherheiten. Denn wer genau genug misst, wird trotzdem immer noch einen winzigen Unterschied finden“, sagt Schröder. Und so sind die Hanauer Gewichte keine ganz exakten Kopien ihres französischen Vorfahren – aber sie kommen verdammt nah ran.